3.12.08/cam. Im Bulletin 15 des SVPS informiert die Disziplinleitung CC auf Seite 12 über das neue Sportkonzept. Dort wird zwar behauptet, das Konzept finde sich 'ab sofort' auch auf der Website des Verbandes, dem ist aber zurzeit noch nicht so. Dass 'sofort' bei Beamten jedweder Couleur generell und bei der Website-Verantwortlichen des SVPS speziell durchaus ein dehnbarer Begriff sein kann, ist nicht neu. Aber Hauptsache ist ja, dass wir an die Information herankommen. Wenn das Gedruckte doch einmal schneller ist als das Intergenettete, macht das ja durchaus Spass. Und Aufregung ist sowieso nicht am Platz, da das neue Konzept ein sehr altes, deswegen aber noch lange kein schlechtes ist. Nachdem die zentralistische und obligatorische Variante mit den von der Disziplinleitung ausgewählten Trainern offenbar nicht den Bedürfnissen der Reiter entsprach und auch nicht zu einer markanten Leistungssteigerung führte, wird nun auf Individualität gesetzt. Wie bei der Artillerie wird nach einer Lage, die deutlich zu weit war, nun bewusst kurz geschossen. Bei der Artillerie sollte dann aber die dritte Lage im Ziel sein. Damit meine ich ein Konzept, das die Balance findet zwischen zentralisiert und vereinzelt, zwischen obligatorisch und völlig freiwillig.
Nun also das Individual-Konzept, bei dem - wie vor rund 10 Jahren auch schon gehabt - jedes Kadermitglied einen Trainingsgutschein erhält, der erst ausbezahlt wird, wenn die Trainings besucht und von den Individualtrainern mit Unterschrift bestätigt sind. Damit wird ganz klar die Motivation, überhaupt irgend ein Training zu besuchen, unterstützt, auch wenn der Betrag von CHF 1000.- eher bescheiden anmutet. Bei 16 bezugsberechtigten Kadermitgliedern - die Junioren und Ponyreiter sind ausgenommen - ergibt das nach Adam Riese CHF 16'000.- Die Budgets für das HPP-Konzept der letzten Jahre bewegten sich meines Wissens im 5- bis 6-fachen Bereich dieser Summe. Es darf also durchaus gefragt werden, was mit dem Rest des Geldes geschieht. Vielleicht gibt es ja doch Ansätze, z.B. vor der Beschickung von Championaten Zusammenzüge zu machen, die einen Leistungsvergleich erlauben und zur Teambildung beitragen, wie das damals auch gehandhabt wurde, als das Individualkonzept schon einmal getestet wurde.
Als problematisch erwies sich - und dies wird sich wohl auch in dieser Neufauflage wieder zeigen - dass
- weder auf der persönlichen noch auf der fachtechnischen Ebene Teams zusammenwachsen, die gemeiname Erlebnisse verbinden und bei denen auch eine gewisse 'unité de doctrine' herrscht
- die Kommunikation zwischen den Individualtrainern und den verantwortlichen Offiziellen, die ein Team z.B. an ein Champonat begleiten, nicht oder schlecht funktioniert (das war auch bei der HPP-Variante so, aber es liesse sich mit einem bescheidenen finanziellen und organisatorischen Aufwand organisieren). Hier drängt sich ein kleiner Exkurs zur Trainer-Problematik im CC-Sport auf. Ich bin der Meinung, dass der Hauptfokus eines CC-Sportkonzepts dieser ganz speziellen, meines Wissens im Sport einmaligen Situation zu gelten hat.
Die spezifische CC-Trainer-Problematik
Am besten versteht man die Problematik, wenn man sie in Analogie setzt zur generellen Problematik des CC-Sports mit den so unterschiedlichen Disziplinen und den entsprechenden Anforderungen an das CC-Pferd. Genau so wenig wie ein 10-Kämpfer nur gerade die Figur eines Kugelstössers haben darf, weil er dann wahrscheinlich zu wenig Sprintfähigkeiten hat, sollte das CC-Pferd nicht eine einseitige Überbegabung für eine Disziplin haben. Der Dressur-Schweber hat meist ein Geschicklichkeitsproblem auf unebenem Boden, der allzu saubere Springer tut sich schwer mit dem Wischen von Hecken und mit Tiefsprüngen, der reine Renner mit dem Umpolen der Kraft von der Horizontalen in die Vertikale und so weiter. Dasselbe Problem der Balance zwischen den Eignungen und den Kompetenzen in den einzelnen Disziplinen stellt sich beim Trainer. Einerseits sind Ansprüche und Niveau in Dressur und Springen derart gestiegen in den letzten Jahren und werden noch weiter forciert, dass es - zumindest für Elitesportler - fast zwingend ist, mit spezialisierten Sparten-Trainern zu arbeiten. Andererseits müssen diese Spezialisten doch soviel vom CC-Sport wissen, dass sie die Kompetenzen der ihnen anvertrauten CC-Paare nicht übertrieben einseitig ausbilden. Es gibt - selbstverständlich von Pferd zu Pferd verschiedene - Grenzen der Versammlung und der Durchlässigkeit, Grenzen des perfekt Basculierens und Steil-Hochspringens für jedes CC-Pferd und jeden CC-Reiter. Nur der Top-Profireiter und das perfekt ausgebildete und mental entsprechend starke Pferd können wirklich mit der Ausrüstung auch die Rolle völlig wechseln. In den allermeisten Fällen hingegen wirkt sich eine zu starke Ausbildung einer spartenspezifischen Fähigkeit negativ aus in einer der andern Disziplinen.
Integration und Kommunikation
Und genau deshalb ist die Kommunkation unter den Trainern so wichtig, das Einladen, Einbeziehen der Privattrainer bzw. Spartentrainer minimal in die Vorbereitung von Championaten. Vielen Dressur- und Springtrainern, die ihren Job ausgezeichnet machen, fehlt es schlicht an der Kenntnis des CC-Sports. Sie waren nie involviert, nie interessiert und unterrichten ihren Schüler vielleicht ohne sich darum zu kümmern, was er dann mit dem Gelernten anfängt. Der bekannte internationale Springreiter Rudolf Letter, der eine Zeitlang das CC-Eitekader unterrichtete, begleitete uns an die EM 99 nach Luhmühlen und sah dort zum ersten Mal eine anspruchsvolle Cross-Strecke live und von nah. Er war sehr erstaunt, zollte uns grossen Respekt und änderte einige seiner Ansichten bezüglich unseres Springtrainings. Ich will damit nur zeigen, dass es sich lohnt, die Trainer einzuladen, zu informieren, den Dialog zu suchen, sie wenn immer möglich auch zu wichtigen Prüfungen mitzunehmen. Eine Schlüsselrolle nimmt der Equipenchef und/oder der Trainer ein, der dann wirklich am Championat dabei ist. Er muss sowohl seine Reiter wie deren Trainer und das Verhältnis der beiden so gut kennen, dass er abwägen kann, wer einen wie entscheidenden Erfolgsfaktor darstellt. Denn dass es schon aus finanziellen Gründen, oft aber auch wegen restriktiven Bestimmungen des Veranstalters nicht möglich ist, dass jeder Reiter seine zwei oder sogar drei privaten Spartentrainer mitschleppt, versteht sich von selbst. Andererseits kann irgendein Unbekannter, ein Fremder - und mag er noch so kompetent sein - nie den Trainer oder Coach ersetzen, mit dem man schon unzählige Prüfungen zusammen bewältigt hat.
Wie machen's die andern?
Vielleicht könnte es ja helfen, einen Blick über die Grenze zu werfen und zu studieren, wie unsere erfolgreichen Nachbarn Deutschland und Frankreich das Problem lösen. Auch wenn wir nicht über dieselben Mittel und vor allem nicht über ein vergleichbares Reservoir an Reitern verfügen - etwas lernen kann man immer. Simpel ist die Lösung bestimmt nicht, und es muss immer wieder versucht werden, die Balance zu finden zwischen Individualität und Teambildung, zwischen selber wursteln lassen und Überprüfung des Trainingsfortschritts, zwischen Privattrainer-Unterstützung und Aufbau einer integrativen Coach- bzw. Equipenchef-Persönlichkeit. Das einzige, was bestimmt nie falsch ist, ist die Förderung der Kommunikation und Integration der Trainer, das Suchen des Dialogs mit allen Betroffenen.